Für Hauspflegedienste ist das Herumfahren Alltag und betrifft das gesamte Unternehmen. Von der Routenplanung über die Erstattung der Transportkosten bis hin zur Verwaltung der Fahrzeugflotte – jede Abteilung beschäftigt sich mit Mobilität.
Bisher wurden private Fahrzeuge oder Fahrzeugflotten bevorzugt. In den letzten Jahren jedoch haben die Verkehrsbelastung und die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Parkplatzsuche in der Stadt einige Heimpflegeanbieter dazu veranlasst, ihre Mobilitätspolitik mit unserer Unterstützung zu überdenken. Dies ist der Fall bei IMAD in Genf, ASANTE SANA in Vevey und der FSL in Lausanne.
Das Ziel ist einfach: Die Transportzeit und den daraus resultierenden Stress zugunsten der Pflegequalität und der Gesundheit des Personals zu reduzieren. Die Stunden, die während der Fahrten zum Einsatzort verloren gehen, übersteigen bei weitem die direkten Transportkosten. Die Wahl des am besten geeigneten Verkehrsmittels ist daher entscheidend.
Um die Situation in jedem Einsatzgebiet objektiv beurteilen zu können, haben wir die Pendelfahrten und Hausbesuche jedes Teams einzeln untersucht. Oft fahren die Mitarbeitenden von ihrem Wohnort direkt zu den Kunden, ohne erst am Sitz des Centre Médico-Social (CMS) Station zu machen. Dadurch werden Pendelfahrten mit den beruflichen Hausbesuchen verbunden. Für die Entwicklung einer kohärenten Mobilitätspolitik ist es von grosser Bedeutung, diese wechselseitige Abhängigkeit zu verstehen.
Anhand der Wohnorte der Mitarbeitenden lässt sich feststellen, wie viele Personen auch anders als mit dem Auto ihren Arbeitsplatz bequem erreichen können. Die Wohnorte werden daher auf einer Karte verzeichnet, um zu bestimmen, mit welchen Verkehrsmitteln sie erreichbar sind. Die Arbeitsrouten werden ebenfalls analysiert, um für jedes Einsatzgebiet die besten Verkehrsmittel zu wählen. Nicht selten werden dabei die Einsatzgebiete oder die Zuteilungen innerhalb eines Teams angepasst, um die zurückgelegten Distanzen zu verringern. Diese faktische Analyse wird mit Umfragen und persönlichen Gesprächen vervollständigt.
In Genf, Vevey und Lausanne zeigte die Analyse ein grosses Entwicklungspotenzial für alternative Verkehrsmittel im urbanen Gebiet. Die räumliche Nähe der Kunden und das verfügbare Mobilitätsangebot ermöglichen die Fortbewegung zu Fuss, mit dem Bus oder dem Fahrrad. So zeigte eine Untersuchung der Dienstfahrten während eines Monats beispielsweise, dass die Hälfte der Dienstfahrten unter 500 Meter betrug oder dass 75 % aller Hausbesuche in Quartieren stattfinden, die zu Fuss, mit dem Bus oder mit dem Fahrrad erreichbar sind. Auf den ersten Blick schien es, als sei das Auto das bevorzugte Fortbewegungsmittel, bei einer genaueren Untersuchung liess sich jedoch feststellen, dass ein Teil des Pflegepersonals bereits zu Fuss oder mit dem Bus unterwegs waren.
Dennoch lohnte es sich, den Einsatz von Fahrrädern zu fördern und besonders Elektrofahrräder eröffneten neue Perspektiven. E-Fahrräder brauchen weniger Parkraum als Autos, ermöglichen grössere Distanzen als das Zufussgehen, bieten mehr Flexibilität als öffentliche Verkehrsmittel und zudem ist es möglich, Pflegematerial mitzunehmen. Je nach Situation wurden also folgende Massnahmen gefördert: Fahrradflotten, Subventionen für den Kauf eines Elektrofahrrades sowie die Möglichkeit, mit einem Betriebsfahrrad nach Hause zu fahren. Das Personal wurde für sicheres Fahren sensibilisiert und erhielt Unterricht in der Instandhaltung der Fahrräder.
In einigen Fällen wohnte eine Mehrheit des Personals in der Agglomeration, wo auch die Pflegedienste erbracht werden. Hier sind bei den Hausbesuchen Alternativen zum Auto möglich. Es gibt jedoch auch Pflegepersonen, die zwischen Arbeitsort und Wohnort keine Alternative zum Auto haben. Sie benützen das Auto für alle Fahrten, ungeachtet der zurückgelegten Distanzen. Manchmal konnte ein Parkangebot zwischen Wohn- und Arbeitsstätte eine Lösung bieten.
Nicht zuletzt hat die Analyse auch aufgezeigt, in welchen Situationen der Einsatz einer Fahrzeugflotte, die Einführung von Carsharing oder die Nutzung von Privatautos angebracht ist. Die vorgeschlagenen Lösungen müssen jeweils die Entstehungsgeschichte und Bedürfnisse jeder Institution, die Besonderheiten der verschiedenen CMS, aber auch das lokale Mobilitätsangebot berücksichtigen. Im Endeffekt braucht es für alle einen passenden Lösungsmix. Die Bemühungen haben in jedem Fall zu einer Kostensenkung geführt, sei es beim Einsatz von Privatfahrzeugen oder bei der Optimierung des Modal Splits zugunsten des Langsamverkehrs.
Die Umsetzung wurde in einem Pilotprojekt systematisch untersucht, um die Befunde der Analyse zu bestätigen und die Veränderungen fortlaufend zu dokumentieren. Dank verschiedenen Testversuchen und einem persönlichen Coaching konnte die eingeleitete Entwicklung mit Erfolg vorangetrieben und dank der Mitarbeit der CMS-Führungskräfte nachhaltig verankert werden.
Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass in Lausanne jeder vierte Mitarbeiter bei Aktionen mitgemacht hat, die den Langsamverkehr fördern, z. B. Objectif 10’000 oder Bike to Work. Auf die Frage, was sie aus ihrer Erfahrung gelernt haben, antworteten Teilnehmer am Pilotprojekt:
« Das Fahrradfahren zu lernen, ist eine grossartige Erfahrung. »
« Ich bin froh, dass ich diesen Test gemacht habe – ich war anfangs überhaupt nicht davon überzeugt. »
« Diese Erfahrung gab mir Selbstvertrauen und ich weiss jetzt, dass ich den Strassenverkehr auch mit einem Fahrrad meistern kann. »
« Die Freiheit und der Kontakt zu den Menschen (beim Kunden und auf der Strasse). »
« Die Beratung und die Sensibilisierung sind sehr wichtig. Auch die Motivation, sich körperlich zu betätigen. Es verursacht weniger Stress. Die Teilnahme an diesem Projekt bringt vieles, denn da sind wir am Puls des Geschehens. »